Seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts sind bei Weinfreunden die schweren alkoholreichen Weine der Neuen Welt in Mode gekommen. Kalifornien, Australien, Neuseeland waren «in». Und natürlich spielte dabei auch das Eichenfass eine grosse Rolle. Denn nur, was kräftig nach Eiche duftete (oder wie andere naserümpfend sagten «roch»), war ein ernst zu nehmender Wein. Heute scheint das Pendel allerdings wieder zurückzuschlagen, man (und ganz besonders auch frau) entdeckt die leichteren, fruchtbetonten und alkoholärmeren Weine wieder und freut sich daran.
Doch der Reihe nach: Fässer gibt es schon seit der Antike. Man musste den Wein ja irgendwie transportieren, aber erst in der Neuzeit hat man entdeckt, dass den Wein mit dem Holz eine tiefere Verwandtschaft verbindet, ja dass die beiden von Natur aus und auf fast abgründige Weise zusammengehören. Der Wein verändert sich im Holz und findet wie zu sich selbst ... Über die Fassdauben bleibt er im engen Kontakt mit der «Aussenwelt». Er atmet durch sie hindurch und tauscht immer eine kleine Menge Sauerstoff mit ihr aus. Seine Tannine werden dadurch weicher, geschliffener und runder, seine Farbe tiefer und sein Duft intensiver.
Das tönt zwar fast etwas esoterisch, aber es gibt halt Dinge zwischen Himmel und Erde ...
Aber welches Holz schafft denn dieses Wunder? International hat sich die Eiche durchgesetzt, wobei die europäische Eiche etwas elegantere Weine hervorbringt als die amerikanische, die mehr Aroma abgibt und daher für kräftigere Weine geeignet ist. In Spanien liebt man sie, weil ihre an Caramel erinnernden Aromen ihren kräftigen Weinen sehr entgegenkommen.
Um ein Fass zu bauen, muss man seine Dauben biegen und dafür braucht es Feuer. Der Küfer erhitzt die Innenseite des Fasses und ob er will oder nicht, er röstet damit gleichzeitig das Holz im Fass. Das kann er stärker oder auch milder machen, je nach Wunsch des Kellermeisters, der ihm später das Fass abkauft. Für eher leichte Weine wählt er eine leichte Toastung, der Wein bleibt so fruchtig, ja fast vegetabil. Eher schwere Weine dagegen vertragen mehr Röstung. Das Fass schenkt ihnen dann Aromen von Gewürzen wie Nelken und Muskat, aber auch Kaffee- und Schokonoten. Und im extremen Fall riecht man geradezu den Rauch.
Viele Weinliebhaber sehen darin allerdings eine Verfälschung der ursprünglichen Identität des Weins, und man kann es ihnen nicht immer verargen. Sicher ist eines: Wer mit Holzfässern arbeitet, braucht viel Fingerspitzengefühl.
Wie stark die Innenseite eines Fasses geröstet wird, hat einen direkten Einfluss auf den Geschmack des Weins.
Um ein Fass zu bauen, muss man die Dauben biegen und dafür braucht es Feuer.
Annemarie Wildeisen: Du sprichst in deinem Artikel nur über Holz. Aus diesem Ausgangsmaterial kann man aber die verschiedensten Fasstypen machen. Kannst du etwas dazu sagen?
Beat Koelliker: Gerne. Am weitesten verbreitet ist heute das Barrique. Das ist ein Fasstyp, der ursprünglich aus dem Bordelais stammt und genau 225 Liter Wein fasst. Von Bordeaux aus hat es die ganze Welt erobert, von Italien bis Kalifornien. Nur wenig grösser ist die burgundische Piece, sie misst etwa drei Liter mehr als das Barrique. Je grösser das Fass ist, umso kleiner der Kontakt mit dem Wein. Grosse Fässer, sogenannte Fuder, gab es daher schon immer und überall auf der Welt.
Das Fass ist aber nur ein Faktor, dazu tritt ja auch noch die Zeit. Wie lang bleibt denn ein Wein im Fass?
Viele Winzer legen nicht nur ihre Rotweine ins Fass, sondern auch ihre kostbaren Weissweine. Da genügen dann ein oder zwei Monate. Kräftige Rotweine brauchen schon etwas länger, ein wuchtiger Brunello kann bis zu vier Jahre im Barrique verbringen und der Vega Sicilia soll es sogar auf zehn Jahre bringen.
Ich lese immer wieder, dass nur ein Teil der Fässer neu ist und ein beträchtlicher Teil aus gebrauchten Fässern besteht.
Nur ein neues Fass schenkt dem Wein seine frischen und kräftigen Holzaromen. Man kann ein Fass aber mehrmals verwenden. Dann spricht man von einer Zweitoder Drittbelegung. Entsprechend diskreter ist dann der Holzton. Der Kellermeister braucht da, wie gesagt, viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Das Holz soll ja einen Wein nicht überdecken, sondern unterstützen.
Statt sich die ganze Arbeit mit den Fässern zu machen, könnte man ja einfach die Holzreste, die beim Küfer anfallen, in den Stahltank werfen und dann einfach abwarten. Der Effekt mit dem Holzton ist ja dann auch da.
Da hast Du nicht ganz unrecht. Und das wird ja auch gemacht, denn ein Fass ist sehr teuer und kann nur bis dreimal gebraucht werden. Es gibt im Handel Eichenholzschnipsel in der Grösse von Hobelspänen bis zu Walnussgrösse. Und das in verschiedenen Röstgraden. Aber der Holzgeschmack ist ja nur das eine, genauso wichtig ist die langsame Reifung des Weins durch den Sauerstoffaustausch über die Fasswände, und der findet eben nur bei einem richtigen Fass statt.