Zum Glück habe ich nicht im Mittelalter gelebt. Ich bin nicht so sicher, ob ich, wegen meines Wissens über Kräuter und Heilpflanzen oder weil ich bestimmt als Hebamme gearbeitet hätte, nicht als Hexe verbrannt worden wäre. Aber fast noch schlimmer erscheint mir die Tatsache, dass es damals in Europa noch keinen Kaffee gegeben hat.
Denn vor dem 2. Kaffee bin ich kaum ansprechbar. Das geht nicht nur mir so. Als die ersten Kaffeebohnen Ende des 16. Jahrhunderts mit Seefahrern nach Europa kamen, wurde bereits gemunkelt, dass das Gebräu die Gesundheit ruiniere – oder aber Krankheiten heilen könne. Bis heute begleitet diese Frage viele Menschen, die Verunsicherung ist gross. Ist Kaffee Gift, etwa fürs Herz? Viele unterdessen durchgeführte Studien brachten überraschende Antworten zutage. Im weltweit grössten Labor für Kaffeeforschung, im Coffee Excellence Center an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, arbeiten Expertinnen und Experten aus Biologie und Medizin, Chemie und Statistik, Sensorik und Botanik. Sie fanden etwa heraus, dass Kaffee gesund ist – oder zumindest nicht ungesund.
Tatsächlich hat Koffein eine stimulierende Wirkung auf den Serotoninspiegel und wirkt stimmungsaufhellend. Dabei werden vermehrt Adrenalin und Dopamin produziert. Dopamin fördert die Konzentrationsfähigkeit. Das Stresshormon Adrenalin scheint hingegen die Denkfähigkeit etwas zu bremsen. Wer wenig Kaffee trinkt, dürfte von einer verbesserten Denkfähigkeit profitieren, wer mehr als sechs Tassen täglich trinkt, kann wahrscheinlich sehr komplexe Aufgaben schlechter lösen als mit weniger Kaffee.
Negativ ist, dass Koffein die Ausscheidung von Kalzium und so den Knochenabbau fördert. Menschen, die das Medikament Kortison einnehmen müssen oder an Osteoporose leiden, sollten deshalb maximal drei Tassen Kaffee pro Tag (mit Milch) trinken. Auch Schwangere sollten vorsichtig sein, da zu viel Koffein das Geburtsgewicht des Kindes verringern kann. Sowieso sollten Kinder und Heranwachsende erst mal auf Kaffee verzichten, da Koffein bei ihnen zu Angststörungen, Herzrasen, Schlafstörungen und Bauchschmerzen führen kann.
Vorsichtig sein sollten überdies Personen, die zu hohen Blutfettwerten neigen. Wer unter Sodbrennen leidet, sollte sich bei Kaffee ebenfalls zurückhalten. Dafür haben Menschen, die täglich Kaffee trinken, ein geringeres Risiko für Typ-2-Diabetes, Depressionen und Demenz. Und wie viel Kaffee darf es denn nun sein? Drei bis vier Tassen Kaffee gelten für gesunde Menschen als absolut unproblematisch. Am gesündesten scheinen übrigens Instantkaffee, gefolgt von Filterkaffee und Espresso, denn ersterer enthält am meisten zellschützende Antioxidantien. Sinnvoll erscheint aber in jedem Fall die Regel, nach 16 Uhr keinen Kaffee mehr zu trinken. Schlafexperten und -forscherinnen konnten belegen, dass ein Kaffee, am Abend getrunken, sogar dann den Schlaf stört, wenn man problemlos einschlafen kann, denn die Tiefschlafphasen werden reduziert. Auch wenn es abgedroschen klingt, ist es mit Kaffee wie mit so vielen Genussmitteln: Die Menge macht das Gift.
Marianne Botta ist dipl. Lebensmittelingenieurin ETH, spezialisiert auf Ernährungswissenschaften sowie Personal Trainerin. Sie arbeitet als freie Fachjournalistin, ist erfolgreiche Buchautorin und hält Kurse und Vorträge zum Thema Ernährung und Sport. Mit einem Teil ihrer Grossfamilie – sie hat acht Kinder zwischen 10 und 24 Jahren – lebt sie in der Westschweiz. Seit Kurzem ist sie zudem Bäuerin
mit Fachausweis.