Wenn ich Wörter wie Waldboden oder Pilze höre, so läuft mir gleich das Wasser im Munde zusammen. Denn viele reife Weine, ganz besonders, wenn sie im Holzfass ausgebaut wurden, entwickeln einen verführerischen Duft, der genau diese Noten enthält, mit allen Erinnerungen an Spaziergänge durch raschelndes Laub und erste kühle Abende im Herbst.
Zu diesen Weinen gehören in erster Linie alle Merlots, die schon in der Jugend Pilzaromen verströmen und diese später zu Fülle und Reife ausbauen. Ganz besonders gilt das für die Weine aus St-Emilion oder aus Pomerol, die einen hohen Anteil an Merlot mitbekommen. Es gilt aber auch für reife Pinot Noirs, die im Holz ausgebaut wurden. Mit diesen Weinen liegt man bei Pilzen eigentlich immer richtig.
Natürlich denkt jeder Feinschmecker auch an die Weine aus dem Piemont, vor allem an Barolo und Barbaresco. Sie duften oft geradezu unanständig nach Trüffeln und Waldboden – und locken damit im Herbst ganze Heerscharen von Schweizern und Deutschen über den Grossen St. Bernhard. Doch auch ein im Holz gereifter Spanier, ein Rioja zum Beispiel oder ein Wein aus Ribera del Duero, kann ganz überraschend gut mit Pilzgerichten harmonieren.
Aber aufgepasst, alle diese Weine müssen reif sein: Zuviel Tannin im Wein lässt die Pilze oft etwas metallisch schmecken.
Daher gilt generell: eher Hände weg von allzu jungen Rotweinen.
Und die Weissweine? Milde samtige Weissweine, besonders die Weine aus der Burgunderfamilie, Weiss- und Grauburgunder, sind wie geschaffen für ebenso milde Pilzgerichte, aber auch sie sollten unbedingt einige Jahre der Reife mitbringen.
Aber Pilz ist auch auf dem Teller nicht gleich Pilz.
Frische Champignons mit ihrem zarten, nussigen Aroma vertragen sich ebenfalls sehr gut mit würzigen Weissweinen, mit einem Weissburgunder etwa, einem Sylvaner oder einem gehaltvollen Chardonnay.
Pfifferlinge oder Eierschwämmchen, wie wir sie nennen, schmecken leicht scharf und tatsächlich etwas pfeffrig. Sie verlangen wie selbstverständlich einen Grünen Veltliner, dem die Österreicher ja auch einen leichten Pfeffergeschmack, das Pfefferl, nachsagen.
Und natürlich gebührt dem König des Waldes, dem Steinpilz, das letzte Wort und unsere ganze Achtung und Zuneigung. Holen Sie ihm zu Ehren eine schön gereifte Flasche edlen Burgunder aus dem Keller, dekantieren Sie ihn und geniessen Sie es, bei dieser Hochzeit zwischen zwei vornehmen Familien dabei sein zu dürfen.
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Annemarie Wildeisen: Man hört immer wieder, dass sich Wein und Pilze eigentlich gar nicht so gut vertragen. Stimmt das?
Beat Koelliker: Tatsächlich sollte man beim Genuss von Pilzen dem Alkohol nicht übermässig zusprechen, da die Verdauung der Pilz-Eiweisse durch den Alkohol eher verlangsamt wird und so Beschwerden auftreten können. Bei vernünftigem Weingenuss ist das aber kein Problem.
Annemarie Wildeisen: Gibt es denn Pilze, die sich überhaupt nicht mit Alkohol vertragen?
Beat Koelliker: Ja, das gibt es. Bei den Tintlingen ist Alkohol zwei bis drei Tage vor und nach dem Genuss verboten und auch beim Netzstieligen Hexenröhrling sollte man darauf verzichten. Aber das sind Pilze, die man im Handel kaum antrifft, höchstens vielleicht einmal auf einem Markt.
Annemarie Wildeisen: Und was mache ich mit einem Gast, der aus Respekt vor dieser Unverträglichkeit überhaupt auf Wein verzichten will?
Beat Koelliker: Ja, da heisst es dann eben kreativ werden, wenn man nicht einfach auf Wasser ausweichen will. Da die Pilze aus dem Wald kommen und auch die Düfte und Gerüche des Waldes mitbringen, kann man einen Sirup aus Tannenschösslingen mit wenig Zucker dazu servieren. Ganz ausgezeichnet schmeckt er, wenn man ihn mit einem Tonicwater mischt.
Annemarie Wildeisen: Du sprichst in deinem Artikel über Pilze und Wein ganz allgemein, aber wie immer kommt es dabei auch auf die Zubereitung und die Beilagen an. Kannst du dazu noch etwas sagen?
Beat Koelliker: Gerne. Pilze sind wie Fleisch oder Gemüse ein ganzer Kontinent und wenn man diesen betritt, so eröffnet sich einem ein riesiger Fächer an Möglichkeiten. Ich greife einige Beispiele aus diesem Heft heraus: Die Pilze mit Bratwurst-Mozzarella-Füllung würde ich mit einem schmelzigen Grauburgunder begleiten, die Austernpilz- Saltimbocca mit einem Soave aus dem Veneto, dessen sanfte und doch selbstbewusste Art die dominanten Aromen von Salbei und gebratenem Schinken gut mit dem der Pilze verbindet. Und bei den Rindsrouladen mit Pilzsauce spielen die Pilze ja nur die Begleitmusik, da geben die Rouladen den Ton an, und nach ihnen richtet sich dann auch unsere Weinwahl. Ich würde dazu eine Flasche leichten Merlot aus dem Tessin entkorken, der die Pilzaromen aber doch sehr schön aufnimmt und spiegelt.