In meinem Lieblingsrestaurant im Veltlin steht auf einer Tafel an der Wand: «Es gibt nur eine Mahlzeit ohne Wein, sie heisst Frühstück.» Aber, und ich unterstreiche dieses Aber gleich doppelt, es gibt viele Menschen, die gerne auf einen alkoholhaltigen Essensbegleiter verzichten, vielleicht verzichten müssen, und trotzdem Durst haben. Auch ich selbst gehöre manchmal dazu. Und die Nachfrage nimmt zu: Seien es Autofahrer, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, solche, die aus religiösen Gründen verzichten wollen oder die einfach im Moment keine Lust auf Wein oder Bier haben. Die Kellner sind dann oft überfordert und verweisen auf Mineralwasser oder auf die Kinderseite der Menükarte (Cola, Schorle und dann ist meist schon Schluss).
Was aber können wir zu Hause für uns und unsere Gäste anders und besser machen?
Die meisten beginnen damit, Fruchtsäfte statt Wein zu trinken, Apfel-, Birnen-, Traubensaft oder einen der vielen Beerensäfte, die man überall kaufen kann. Bald schon merkt man aber: Sie sind als Essensbegleiter einfach zu süss. Und da hilft auch das Verdünnen mit (Mineral-)Wasser nur ganz vordergründig. Das Getränk bleibt süss.
Ich habe an diesem Punkt begonnen, mit Tee zu experimentieren und damit wahre Wunder erlebt: Vor allem Grüntee mit seinen leicht bitteren und adstringierenden Noten verleiht vielen Säften genau die herbe Komponente, die sie brauchen, um als Essensbegleiter und Durstlöscher zu überzeugen. Den Tee kann man einfach aufkochen, abkühlen lassen und dann mit dem Saft mischen. Wenn der Saft sehr süss ist, braucht es im Verhältnis mehr Tee (zwei Drittel), sonst empfiehlt sich halbe-halbe. Besonders gut schmeckt diese Kombination mit Kirschen- oder Heidelbeersaft zu dunklem Fleisch und reifem Käse oder mit einem hellen Saft (Birne) sogar zum Fondue.
Ein ganz anderes Thema ist aromatisiertes Wasser. Wir alle kennen die Wasserkaraffe auf dem Tisch mit den Pfefferminzblättern oder der Zitronenscheibe darin. Warum nicht die Gewürze des Gerichts mit dem Aroma im Wasser kombinieren? Dann tun sich gleich ganz neue Welten auf: Haben wir auf dem Tisch zum Beispiel ein eher mediterranes Gericht, so aromatisieren wir das Wasser mit den gleichen Kräutern: Rosmarin, Salbei, Oregano. Diese kann man frisch gehackt über Nacht im Wasser ziehen lassen (ein Teelöffel pro Liter genügt) oder getrocknet (da reicht ein halber TL) kurz aufkochen, abseihen und abkühlen lassen.
Annemarie Wildeisen: Das Thema aromatisiertes Wasser interessiert mich natürlich brennend. Kann man das auch mit anderen Gewürzen machen?
Beat Koelliker: Natürlich. Eine beliebte Kombination ist beispielsweise Zitronengras, Ingwer oder Chili für die fernöstliche Küche. Man muss sich einfach die Kochzutaten als mögliche Getränkearomen vorstellen, dann seinen ganzen Mut zusammennehmen und experimentieren.
Du hast mir kürzlich von einer Marmelade erzählt, wo du Traubensaft mit Rosmarin gewürzt und daraus ein Gelee gekocht hast. Das könnte ja auch als Getränk funktionieren.
Danke für die Idee. Ja man muss sich nicht auf hier Gewürze und da Säfte beschränken. Man kann auch über Grenzen hinweg Neues kombinieren und ausprobieren.
Und wie steht es mit Gemüse?
Da gilt eigentlich genau das Gleiche. Von Gurke bis Rhabarber gibt es jede Menge von interessanten aromatischen Säften, die man in seine Kreativität einbeziehen kann.
Was brauche ich denn als «Hardware» in der Küche.
Eigentlich gar nichts, denn im Biohandel gibt es sehr viele gute Säfte zu kaufen.
Wie beim Wein oder Bier stellt sich natürlich auch hier die Frage der Gläserwahl. Ein normales Sirupglas reicht da ja wohl nicht.
Das sehe ich auch so. Wir wollen unsere Kreationen ja in das bestmögliche Licht rücken. Das heisst: Zum Aperitif kann ein normales Longdrinkglas durchaus richtig sein. Nachher zum Essen würde ich aber ein Weinglas nehmen. Und zwar für anspruchsvolle rote Kreationen ein schönes grosses Rotweinglas und für eher frische helle Getränke ein Weissweinglas. Damit kann man diese Getränke auch optisch ihrem Wert entsprechend präsentieren.
Nun habe ich noch eine fast ketzerische Frage: Es gibt doch auch alkoholfreien Wein. Was hältst du davon?
Tatsächlich kann man heute mit verschiedenen Techniken alkoholfreien Wein herstellen. Das heisst Wein, dem nach der alkoholischen Gärung der Alkohol wieder entzogen wurde. Das Resultat ist oft erstaunlich gut. Aber der Marktanteil dieser Weine ist trotzdem relativ gering.
Und beim Bier?
Da ist die Akzeptanz deutlich besser. Es enthält wesentlich weniger Kalorien als das «normale» Bier und ist vor allem als After-Sport-Getränk gut in den Markt eingedrungen. Die Breite des Angebots und die Qualität dieser Biere werden allgemein gelobt.