Eigentlich sind wir ja nur Trittbrettfahrer, denn die Pracht des Mais gilt überhaupt nicht uns, sondern den Bienen, Hummeln und Schmetterlingen. Sie sollen mit diesen Orgien von Duft, Farbe und Nektar angelockt werden, um das zu tun, was die angewurzelten Pflanzen halt nicht selber können.
Es ist ein Liebesspiel, bei dem sich die Natur von ihrer schönsten und verschwenderischsten Seite zeigt.
Und wir dürfen mit dabei sein, mitfeiern und mitgeniessen. Den Frühlingsbowlen sei Dank.
Hier ein paar Tipps: Am besten pfuscht man der Natur dabei möglichst wenig in ihr Konzept, sondern lässt sie machen und fängt ihre Gaben nur ein, so unverfälscht wie möglich. Das ist das eigentliche Geheimnis einer guten Bowle. Regeln gibt es wenige. Es braucht vielleicht etwas Mut, aber dem Spiel der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.
Viele Blütendüfte sind löslich in Alkohol, Zucker oder in Zuckerwasser.
Das heisst: man sammelt Blüten, legt sie in Wein oder Zuckerwasser ein, wartet zwei, drei Stunden, siebt die Blüten wieder heraus und die ganz Pracht ist eingefangen. Dafür eignen sich eigentlich alle duftenden Blüten: Besonders überwältigt uns immer wieder der Holunder. Schneiden Sie die Stiele möglichst direkt unter den Blüten weg, dann stört der grüne Geschmack nicht. Wunderbar duften auch der Flieder, die Veilchen, Schlüsselblumen und natürlich etwas später im Jahr die Lindenblüten und die Rosen. Einige Blüten sollten Sie immer frisch zu Seite legen und am Schluss als Dekoration auf die fertige Bowle streuen.
Je nach Gusto kann man nach zwei, drei Stunden noch etwas Wein beifügen. Den sprudelnden Kick erhält die Bowle aber erst direkt vor dem Servieren. Da lassen wir Schaumwein (es muss nicht Champagner sein) oder Sprudelwasser sanft in den Bowleninhalt einfliessen, mit der Flaschenmündung direkt über der Oberfläche, sonst geht der ganze Sprudel gleich wieder in die Luft. Der Schaumwein oder das Sprudelwasser sollten vorher im Tiefkühler richtig gut heruntergekühlt werden.
Einige Minzeblätter und Zitronenscheiben zum Schluss geben dem Ganzen einen frischen Akzent und sind überdies auch sehr dekorativ. Zum Servieren eignet sich am besten eine Glasschüssel. So geniesst auch das Auge mit.
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Annemarie Wildeisen: Lieber Beat, du empfiehlst in deinem Artikel ganz allgemein, die Blüten in Wein ein-zulegen. Kannst du das etwas näher erläutern?Beat Koelliker: Ja sicher, gern. Am besten eignet sich ein neutraler Weisswein, der die Aromen der Blüten am wenigsten stört, also beispielsweise ein einfacher Chasselas. Wenn man aber die Blütenaromen noch etwas vertiefen will, könnte man einen Riesling zu den Rosenblüten wählen, oder einen Sauvignon Blanc zu den Holunder- und Lindenblüten. Auf jeden Fall muss es ein Weisswein sein.
Und beim Schaumwein, was empfiehlst du da? *
Wie schon gesagt, es muss kein teurer Champagner sein. Ein guter Prosecco oder Cava sind ebenfalls ok. Wichtig ist: Der Wein muss trocken sein.
*Der Muttertag steht vor der Tür, und da möchten die lieben Kleinen natürlich nicht ausgeschlossen sein. Kann man eine Bowle auch ohne Alkohol so zubereiten, dass sie den kleinen und den grossen «Abstinenzlern» schmeckt?
Kein Problem. Das gleiche Vorgehen ist auch mit Apfel- oder Birnensaft möglich. Zum Holunder und den Lindenblüten würde ich eher Birnensaft wählen und zu den Rosen einen duftenden Apfelsaft. Die beiden Pflanzen gehören ja zur gleichen Familie. Selbstverständlich gibt auch der Traubensaft in unvergore-nem Zustand oder als Rimuss alles her, was eine Bowle durstigen Kehlen bieten kann.
Du hältst dich bei den Mengenangaben vornehm zurück. Magst du eine Bowle eher süss und stark oder an-dersherum trocken und leicht?
Also, das ist eine reine Geschmacksfrage. Persönlich finde ich, eine Bowle sollte nicht allzu süss sein, sonst sättigt sie und man hat bald mal genug davon. Mit dem Alkohol ist es genau so. Eine Bowle sollte erfrischen und den Durst löschen. Da stört es nur, wenn man den Alkohol zu früh und zu stark spürt.
Hast du noch eine weitere Empfehlung?
Ja, da ist ja noch die klassische Maibowle mit Waldmeister, eigentlich keine richtige Blütenbowle, denn wenn der Waldmeister blüht, sollte man ja eher die Hände davon lassen. Zwei Dinge sind aber wichtig: Erstens, man nehme nicht zu viel davon, ein hübsches kleines Sträusschen ist genug. Und zweitens, erst wenn der Waldmeister welk ist, beginnt er zu duften. Und am stärksten duftet er nach einer Nacht im Tiefkühler. Probierens Sie es aus.